„Die Hölle, das sind die anderen.“

Jean Paul Sartre

Die Feiertage stehen vor der Tür und damit für viele Menschen auch die Konfrontation mit narzisstischen Familienmitgliedern, Partnern oder Ex-Partnern. Schon jetzt schnürt sich die Kehle zusammen angesichts dessen, was an diesen – oft auch noch von Erwartungen überfrachteten – Tagen geschehen mag. Enge, ein Druckgefühl auf der Brust, Herzklopfen und Schwitzen drücken ein Gefühl aus, das jeder und jede von uns kennt: Angst. Angst vor der Reaktion des Gegenübers.

Und diese Reaktion – das ist die Realität – können wir nur bedingt beeinflussen. Sicher, Kommunikationstricks wie die „Grey-Rock-Methode“, die ich an anderer Stelle noch einmal beschreiben werde oder schlagfertiges Handeln, das dem Gegenüber den Wind aus den Segeln und die Lust am Angriff nehmen, sind hilfreich und können die Situation entschärfen. Absolute Sicherheit geben sie jedoch nicht. Was wir aber in jedem Fall in der Hand haben, sind unsere eigenen Handlungen, Verhaltensweisen und zu einem gewissen Grade auch unsere Emotionen. Dem Gegenüber die Macht hierüber aus der Hand zu nehmen, stellt ein großes Stück Empowerment für uns selbst dar.

Und das muss gar nicht so schwer sein.

Hier sind meine fünf Lieblingsmethoden:

1. Hinterfrage deine Emotionen kritisch

Ist mein Gefühl der Situation wirklich angemessen?

Wenn wir mit einem Trigger konfrontiert werden, der an ein Erlebnis erinnert, in dem wir einst hilflos ausgeliefert waren, kann das limbische System aktiviert werden und unser Körper reagiert als ob wir uns wieder in der traumatischen Situation befänden. Angst, Panik, Herzklopfen, Schweißausbrüche – unser emotionales Gedächtnis reagiert sofort, und wir gehen in den Modus, der uns vor der vermeintlichen Gefahr schützen soll: Kampf, Flucht oder – zumeist in Situationen, die uns an traumatische Situationen in der Kindheit erinnern – Erstarrung. Wir konnten seinerzeit nicht reagieren und so handeln wir heute unter dem Einfluss der Erinnerung so, als könnten wir es nicht. Überspitzt formuliert: Wir tun so, als ob wir nicht handeln können.

Das ist biologisch nicht ganz korrekt, denn tatsächlich ist es so, dass wir, sobald Angst und Panik übernehmen, nicht mehr logisch denken können. Denn das limbische System unseres Nervensystems, das „emotionale Gehirn“, das dann übernimmt, knockt den Neokortex aus. Den Teil des Gehirns, der verantwortlich ist für komplexe Denkprozesse wie Sprache, räumliche Wahrnehmung, Planung und Problemlösung. Kurz gesagt: Wenn wir Angst haben, können wir kein Gedicht verfassen.

Doch ist es denn wirklich so, dass wir uns hilflos einer unausweichlichen – und vielleicht noch tödlichen – Gefahr ausgesetzt sehen? Was sagen die Fakten tatsächlich dazu?

Wenn die Angst in diesem Moment schon übernommen hat, dann hilft es, sich ganz bewusst auf den eigenen Atem zu konzentrieren, bis die Erregung nachgelassen hat, sich dann Stift und Papier zur Hand zu nehmen und konkret aufzuschreiben:

  • Was befürchte ich konkret?
  • Wie wahrscheinlich ist es, dass das eintritt?
  • Was kann ich dagegen tun?

Vor allem der letzte Schritt ist der entscheidende: Denn er bringt uns aus dem Modus des hilflosen Kindes zurück in die Realität: Wir sind erwachsen. Wir können handeln.

2. Überprüfe deine Urteile und Glaubenssätze

Vielleicht ist es in der ersten Überlegung schon deutlich geworden: Nicht die Situation ist wirklich angstauslösend, sondern die Gedanken und Urteile, die wir über diese Situation hegen. Die Art und Weise, wie wir eine Situation bewerten, bestimmt, wie wir darauf reagieren und welche Emotionen wir empfinden. Wir interpretieren und bewerten eine Situation aufgrund unserer eigenen Erfahrungen, Überzeugungen, Werte und Perspektiven, die alle unsere Wahrnehmungen beeinflussen.

Aus diesem Grunde reagieren Menschen auf ein und dieselbe Herausforderung auch oft vollkommen unterschiedlich: Weil sie sie unterschiedlich bewerten.

Zum Beispiel kann eine Person, die Fliegen als angenehm empfindet, eine Flugreise als aufregend und lustig empfinden, während eine andere Person, die Fliegen als beängstigend empfindet, die gleiche Flugreise als stressig oder sogar traumatisch empfinden kann.

Es ist daher hilfreich und wichtig, herauszuarbeiten:

  • Welche Gedanken begleiten die Angst?
  • Welche Urteile stehen dahinter? Oder auch
  • Welche Glaubenssätze werden davon berührt?

Die Bewertung der Situation hat auch Auswirkungen auf unsere Handlungen und Verhaltensweisen. Wenn wir eine Situation als positiv bewerten, neigen wir dazu, uns positiv zu fühlen und uns auf die Situation einzulassen. Wenn wir eine Situation jedoch als negativ oder bedrohlich bewerten, können wir Angst, Frustration, Wut oder andere negative Emotionen empfinden und uns möglicherweise sogar zurückziehen oder vermeiden.

Insgesamt ist unsere Bewertung einer Situation also ein wichtiger Faktor bei der Entstehung unserer Emotionen und Verhaltensweisen. Durch eine bewusste Veränderung unserer Bewertungen und Perspektiven können wir lernen, unsere Emotionen positiver zu gestalten und besser mit Herausforderungen umzugehen.

3. Mache deinen Körper zum Verbündeten gegen die Angst

Oft übernimmt Angst physisch.

Ein ruhiger Atem und Panik schließen sich gegenseitig aus, weil sie zwei körperliche Zustände darstellen, die nicht gleichzeitig auftreten können:

Wenn wir in Panik geraten, beginnen wir schneller und flacher zu atmen. Auf der anderen Seite führt ein ruhiger Atem dazu, dass unser Körper in einen Zustand der Entspannung und Ruhe versetzt wird. Wenn wir tief und langsam atmen, signalisieren wir unserem Gehirn und unserem Körper, dass alles in Ordnung ist und dass wir uns in einer sicheren Umgebung befinden. Dies wiederum kann dazu beitragen, unsere Angst zu reduzieren und uns in einen Zustand der Ruhe und Gelassenheit zu versetzen.

Insgesamt trägt eine bewusste Atmung dazu bei, unsere Angst zu reduzieren und uns in einem Zustand der Entspannung und Ruhe zu halten. Aus diesem Grunde hilft auch das Singen (oder das berühmte Pfeifen im Walde) gegen die Angst. Wir können nicht Singen und gleichzeitig Angst empfinden.

4. Übe Dankbarkeit

Auch Dankbarkeit und Angst schließen einander aus, weil sie zwei unterschiedliche Emotionen sind, die nicht gleichzeitig in unserem Geist und Körper existieren können.

Wenn wir uns auf Dankbarkeit konzentrieren, sind wir in einem positiven und aufgeschlossenen mentalen Zustand. Wir richten unsere Aufmerksamkeit auf das, was in unserem Leben gut und positiv ist, und schätzen die Menschen, Ereignisse oder Dinge, die uns Glück und Freude bringen. Dies kann dazu beitragen, unsere Emotionen zu stabilisieren und uns ein Gefühl von Zufriedenheit und Fülle zu geben. Wenn wir Angst empfinden, befinden wir uns in einem negativen mentalen Zustand, der unsere Aufmerksamkeit auf mögliche Bedrohungen oder negative Ereignisse lenkt. Unsere Gedanken können sich auf Worst-Case-Szenarien oder negative Zukunftsaussichten konzentrieren, was uns ängstlich, gestresst oder überfordert fühlen lässt. In diesem Zustand der Angst und Sorge kann es schwierig sein, dankbar zu sein oder uns auf positive Dinge in unserem Leben zu konzentrieren.

Indem wir uns auf Dankbarkeit konzentrieren, können wir unsere Perspektive auf die Welt verändern und unsere Wahrnehmung von Ereignissen und Situationen verändern. Wir können lernen, uns auf das Gute in unserem Leben zu konzentrieren und negative Gedanken und Emotionen zu minimieren, was uns letztendlich helfen kann, Ängste zu reduzieren oder zu überwinden.

Auch dies lässt sich am besten schreibend umsetzen, zum Beispiel in Form eines Tagebuches oder Journals, in dem täglich ein bis drei Dinge aufgelistet werden, für die man dankbar ist.

5. Achte auf deine innere Stimme

Höre einmal genau darauf, wie du mit dir sprichst: Was du nicht zu einem Freund sagen würdest, sage nicht zu dir selbst.

Unsere inneren Gespräche sind wichtig, weil sie einen großen Einfluss darauf haben, wie wir uns fühlen, wie wir uns verhalten und wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen. Unsere Gedanken und inneren Gespräche sind ein wichtiger Teil unserer mentalen Landschaft und beeinflussen unser Selbstbild, unsere Emotionen, unser Verhalten und unsere Beziehungen.

Wenn unsere inneren Gespräche positiv und konstruktiv sind, können sie uns unterstützen und motivieren, uns auf unsere Stärken und Ressourcen konzentrieren und uns dabei helfen, Herausforderungen und Schwierigkeiten zu bewältigen. Wenn unsere inneren Gespräche jedoch negativ und selbstkritisch sind, können sie uns entmutigen, uns niedergeschlagen fühlen und uns davon abhalten, unsere Ziele zu erreichen oder unser volles Potenzial auszuschöpfen.

Unsere inneren Gespräche können auch unser Selbstwertgefühl beeinflussen und uns in unserem Selbstbild stärken oder schwächen. Wenn wir uns selbst auf eine positive Weise wahrnehmen und uns selbst als kompetent, wertvoll und liebenswert betrachten, können wir ein höheres Selbstwertgefühl entwickeln und ein besseres Leben führen. Wenn wir uns jedoch selbst auf eine negative Weise wahrnehmen und uns selbst als inkompetent, minderwertig oder ungeliebt betrachten, können wir ein niedriges Selbstwertgefühl entwickeln und uns unglücklich oder unzufrieden fühlen.

Daher ist es wichtig, unsere inneren Gespräche ganz bewusst wahrzunehmen.