Durch das permanente Entwerten unserer Aussagen, das Ignorieren unserer Meinung und Gefühle, die doppelten Botschaften oder das perfide Gaslighting, haben wir unter dem narzisstischen Einfluss begonnen, eine kognitive Dissonanz zu entwickeln. Um unter den widersprüchlichen Signalen nicht durchzudrehen und uns unter den wiederkehrenden Attacken dennoch geliebt und sicher fühlen zu können, haben wir unbewusst Inhalte aus dem Bewusstsein ausgeblendet, so dass alles scheinbar wieder Sinn machte. So kann es sein, dass wir uns zwar noch an das Lächeln der Freundin erinnern, nicht aber an die ätzende Bemerkung, die sie im gleichen Moment über unser Gewicht fallen ließ. Oder an das Lob des Chefs, nicht aber an den zynischen Gesichtsausdruck, mit dem er dabei in die Runde blickte. Kognitive Dissonanz war damals ein Mittel, um diese emotionalen Angriffe, aus denen wir uns damals nicht befreien konnten, zu überleben. Heute sind sie kontraproduktiv, denn sie halten uns wesentliche Informationen vor, die helfen würden, das Geschehene richtig einzuordnen. So können wir unserer Wahrnehmung wieder trauen.
Verschiedene Schreibtechniken helfen dabei, an die ausgeblendeten, verdrängten, aber glücklicherweise immer noch vorhandenen Inhalte in unserem Unterbewusstsein zuzugreifen. Sie an die Oberfläche zu bringen und ins Gesamtbild der Erinnerung einzuordnen. Manche davon kann man als Einstieg für weiteres Schreiben nutzen, andere sollte man separat durchführen und danach das Unterbewusstsein eine Zeit lang allein weiterarbeiten lassen.
Hier stelle ich euch vier Schreibtechniken vor, die ihr unabhängig voneinander einmal ausprobieren könnt.
Ob ihr diese Techniken mit Stift und Papier oder an der Computertastatur ausführt, ist meines Erachtens unerheblich. Es gibt Menschen, die behaupten, nur mit Stift und Papier käme man wirklich dicht an das Geschehene heran. Meine Erfahrung – ich bin das Schreiben mit der Computertastatur total gewohnt und habe eine Handschrift, die ich selbst kaum entziffern kann – ist da eine ganz andere. Gehe bitte so vor, wie du dich am Wohlsten fühlst.
Assoziatives Schreiben
Das assoziative Schreiben ist eine effektive Methode, wenn man ein Problem oder eine Frage hat, zu der man bisher nur ein unbestimmtes Unbehagen verspürt. Anstatt immer wieder nach rationalen Argumenten zu suchen, die für oder gegen das Problem oder die Lösung sprechen, sollte man sich 15 bis 30 Minuten Zeit für das assoziative Schreiben nehmen.
Man beginnt, indem man ein Stichwort oder eine Fragestellung mittig auf einem Blatt Papier notiert und sich fragt, was man damit verbindet. Man notiert alle Gedanken, Gefühle und Ideen, die einem in Stichworten einfallen, und ordnet sie um das Zentrum herum an, ähnlich wie bei einem Mindmap. Anschließend fasst man die Stichworte zu thematischen Blöcken zusammen und achtet darauf, welche Gefühle mit welchen Assoziationen verbunden sind.
Durch diese Übung kann man das Thema rational bewerten und gleichzeitig die eigenen Gefühle achten und ihnen den richtigen Platz zuweisen. Oftmals wird man feststellen, dass zukünftige Ereignisse durch die Brille vergangener Erfahrungen betrachtet werden und das eigentliche Unwohlsein in diesem Missverhältnis liegt. Wenn man alle Ereignisse und Gefühle klar sortieren und zuordnen kann, gibt es keinen Grund mehr, der eigenen Intuition zu misstrauen.
Meditatives Schreiben
Das meditative Schreiben erfordert nicht zwingend einen Fokus auf Probleme und Sorgen. Um Heilung zu erfahren, ist es ebenso wichtig, eine positive Grundstimmung zu sich selbst und zum Leben zu entwickeln. Eine Phase der Entspannung geht dem meditativen Schreiben voraus, in der eine angenehme Schwere und eine ruhige Selbstversenkung erreicht werden sollen. Was immer dir dabei gut tut, dich gelassen macht und dir hilft, dich wohl in deiner Haut zu fühlen – es ist eine gute Vorbereitung auf die nun kommende Schreibübung.
Nach der Entspannung nimm Stift und Papier zur Hand und schreibe spontan auf, was dir gerade in den Sinn kommt. Versuche, das Angenehme der Situation, dein gutes Gefühl, in deinen Schreibfluss zu integrieren.
Dabei soll deine Seele frei schwingen, ohne Anstrengung. Verleihe ihr Stimme und Gestalt und lassen sie sie einen Monolog aus ihrer Perspektive halten. Alternativ könntest du auch dein inneres Kind, dein Herz oder deine innere Weisheit als Person zu Wort kommen lassen.
Falls es dir schwerfällt, dir aus einem Zustand heraus zu sprechen, in dem du geheilt bist und dich wohlfühlst, kannst du stattdessen auch einen Dialog führen. Sprich mit deiner Seele, deinem inneren Kind, einem Berater oder der weisen Person und formuliere, was dir aktuell schwerfällt. Achte dann aber weniger auf die Probleme sondern höre dir die Antwort der anderen Person an. Lasse alle Beteiligten möglichst unvoreingenommen zu Wort kommen. Auch hilfreiche Vorschläge nimm zur Kenntnis. Ob du sie gleich, später oder nie umsetzt, ist deine Entscheidung. Aber höre aufmerksam zu. Vielleicht nimmst du dir später deine Notizen noch einmal zur Hand, wenn du bereit dafür bist.
Automatisches Schreiben
Das automatische Schreiben nutzt das Schreiben als Werkzeug, um unbewusste Motive und Assoziationen zu entdecken. Hier geht es darum, Bilder, Gedanken, Klänge, Erinnerungen und Vorstellungen sowie Einsichten und Gefühle unzensiert zum Ausdruck zu bringen, ohne sich in irgendeiner Form einschränken zu lassen. So kannst du neue Zusammenhänge und Ideen entwickeln und unbewusste Vorgänge und Vorstellungen aufarbeiten.
So geht es: Führe den Stift unter einem Tuch, das das gesamte Papier, auf dem du schreibst, abdeckt. Falls du am Computer schreibst, schalte den Monitor aus oder verstecke ihn unter einem Stück Stoff. Wichtig ist: Du kannst schreiben, was und wie du willst, Sätze, Satzfragmente oder einzelne Wörter. Satzzeichen, eine perfekte Rechtschreibung oder Grammatik spielen überhaupt keine Rolle. Du darfst nur auf keinen Fall lesen, was du gerade schreibst.
Nimm deine Notizen zu einem späteren Zeitpunkt zur Hand und schau, ob dir etwas Interessantes bewusst wird. Diese Erkenntnis kannst du mit dieser oder einer anderen Schreibtechnik dann weiterführen und zu neuen Schlüssen gelangen.
Was hat das alles mit der Überwindung von narzisstischem Missbrauch zu tun?
Tropfen für Tropfen hat die narzisstische Person deine Selbstwahrnehmung untergraben. Dich mit ätzender Kritik dazu gebracht, die Welt und dich selbst so zu sehen, wie er oder sie das gerne wollte. Mit diesen Techniken, bei denen es gerade nicht auf Perfektion und den Wunsch eines anderen ankommt, sondern um ein reines Erforschen deiner Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle, findest du wieder den Weg zu dir selbst zurück. Das ist Re-Empowerment. So kommst du in deine Stärke und Selbstachtung zurück. Nicht von heute auf morgen, aber doch Schritt für Schritt. Und vielleicht sogar schneller, als du denkst.
Wenn du magst, dann teile doch deine Erfahrungen hier im Kommentar oder in der Facebook-Gruppe.
Ich freue mich darauf.
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